Dir ist nicht klar, wie sehr du mein Leben verändert hast.

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Der Ton von meinem Handy klingelt mir noch immer in meinen Ohren wieder. ´Take it´, hieß er. So ein Gemisch aus Discomusik. Ich mochte das Lied. Jetzt nicht mehr. Mein Handy lag oben in meinem Zimmer, ich war im unterem Stockwerk zu Gange. Ich rannte die Treppe hinauf, folgte der Gesangseinlage und las deinen Namen auf dem Display. Bin in Sekunden wurden meine Gehirnwindungen angestrengt, irgendwas stimmte nicht. Mein Finger verweilte auf der grünen Taste meines Sony Ericsons, dann ließ ich dich in meine Gedanke. Deine Worte, ich sehe sie vor meinem innerlichen Auge. Bis jetzt. 

"Tis?"
"Ja ? " 
"Ich hatte gerade einen Unfall" 
"Du hattest was?" 
"Ich denke mir geht´s gut, also ich weiß nicht, ich glaube schon. Ich fahr mit ins Krankenhaus." 
"Pierre du hattest was?"
"Ich hab´ deinen Ohrring aber noch aus dem Auto geholt" 
"PIERRE..." 
"Ich muss meine Eltern noch anrufen" 
"Warte, Wo .... ?" 
.....................

Meine Frage hast du mir nicht mehr beantwortet. Das Einzige was ich vernahm, waren die Hintergrundgeräusche. Viele Stimmen und die Sirene eines Polizeiautos. Du hast dann aufgelegt. Ich stand eine ganze Weile in meinem Zimmer. Du warst doch erst vor 22 Minuten und 3 Sekunden von mir los gefahren. Du bist wie jeden Freitag aus Frankfurt sofort zu mir gekommen. Samstagmittag wolltest du zu deinen Eltern. Kurzes ´Hallo sagen, ein paar Dinge abklären. Ich brachte dich mit raus auf die Straße. Es war kalt, deswegen kribbelte es leicht auf meiner Haut, als du mir einen Kuss auf die Stirn gabst.  "Bis gleich mein kleiner Engel..." hast du mir liebevoll ins Ohr gehaucht. Du wolltest dich von mir abwenden, aber meine Hand hielt dich noch kurz an mir. "Immer schön vorsichtig fahren..." Du hast gelächelt.  Ich sagte es immer zu dir. Immer. Nicht nur zu dir. Zu jedem in meinem Umfeld. 
Meine Beine brachten mich die Treppe hinunter, mein Verstand versuchte mir zu erklären, dass ich Ruhe  bewahren sollte, aber ich konnte es nicht. Ich ließ ein paar Mal die Autoschlüssel fallen und dieses Geräusch, wenn Metall auf Beton fällt, machte mich wahnsinnig. Es machte mich nervös. Die Autofahrt kam mir endlos lang vor. Ich fühlte mich so machtlos. Ich fühlte mich schuldig und wenn ich ehrlich zu mir war, dann fühlte ich eigentlich gar nichts. Leere. Abgrundtiefe Leere machte sich in mir und im Auto breit. Ich wusste nicht was passiert war. Wo und wieso. Aber dieser Anruf. Ich kann es nicht in Worte fassen, welches Gefühl ich hatte, als ich dachte, ich würde dich verlieren. In der Notaufnahme habe ich dann deine Eltern angetroffen. Deine Mutti sah so fertig aus. Weinend. Dein Papa, dieser taffe und frohmütige Mann ebenso. Ich wusste nicht einmal, wie ich ihnen in dieser Situation gegenüber treten sollte. Sie nahmen mir das Denken ab und winkten mich zu ihnen. Deine Mutti nahm mich in den Arm. Wir haben beide geweint. Nach dieser Leere in meinem Körper. In meinem Kopf tat ihre Nähe so unsagbar gut. Nachdem sie versucht hatte mich zu beruhigen, beantwortete Sie mir die Fragen, die mir nur so im Herzen brannten. 
"Er hat mich als im Schock angerufen?" Sie nickte. "Ich habe vorhin, bevor sie ihn in den OP-Saal geschoben haben noch kurz gesprochen." Ihre Hände verschwanden in ihrer türkisen Handtasche. "Er hat gesagt, das gehört dir." Sie legte mir meinen Ohrring in meine Hand. Ich musste noch mehr weinen. Und es tat weh, dieses weinen um dich. Weil ich nicht wollte, dass du Schmerzen hattest, weil ich nicht wollte, dass du in einem Krankenhaus bist, weil ich nicht wollte, dass du leidest. 
Sie haben dich dann verlegt. Ich war in der Zwischenzeit damit beschäftigt die Luft und die Toilette zu besuchen. Vier oder Fünfmal habe ich mich übergeben, aus Angst. Ich konnte diesen Krankenhausgeruch nicht ertragen. Als wir dich dann sehen durften habe ich deinen Eltern den Vortritt gelassen. Ich wollte, dass dieses Gespräch ´Euch´ gehörte. 
Irgendwann durfte ich dann zu dir. Ich unterdrückte meine Übelkeit. Wischte mir den Rest der Schminke aus meinem Gesicht und versuchte stark und gefasst zu wirken. Ich wollte irgendwer für dich sein. Du hast dann dagelegen, angeschlossen an zig Maschinen. Es piepte und ich verfolgte und zählte insgeheim die Schläuche die zu dir führten und wieder von dir weg. Aber du hast gelächelt, als ich in deinem Zimmer stand. Du hast mich angelächelt. Und ich habe es erwidert. Ich setzte mich auf den Stuhl, der neben deinem Bett stand, mein Kopf habe ich behutsam auf deine Brust gelegt. Meine Arme haben dich zaghaft berührt. Ich hatte solche Angst dir weh zu tun. 
"Schon okay..."  Hast du immer zu gesagt. Und dann musste ich doch wieder anfangen zu weinen. 
"Es tut mir leid, dass ich dir solche Angst gemacht habe." Ich habe dich angeschaut, weil deine Stimme so schwach klang und ich merkte, wie du angefangen hast zu zittern, wie deine Hand meine stärker umfasste und wie sich auch an deinen Wangen,  die Tränen ihren Weg suchten. "Es tut mir so unendlich leid..." hast du unter Schluchzen wieder und immer wieder wiederholt. Ich habe mich dann ganz vorsichtig neben dich gelegt. Auf dein Bett. Ich wollte dir meine Nähe schenken. Meine Geborgenheit oder einfach nur meine Tränen. Damit sich deine nicht all´ zu alleine fühlten. 

Seitdem mied ich diese S-reiche Kurvenstraße. Ich mied diesen Übeltäter, der aus deinem Auto einen Totalschaden machte. Diesen Übeltäter, dessen Wurzel vom ganzen Baum nur übrig geblieben war. Sie  liegt bis heute da. Ich mied es mit dir dort lang zu fahren. 
Aber heute Nacht, wo Vollmond mir genügend Licht schenkte in diesem Waldteil, bin ich dort lang gefahren. Habe angehalten an der Baumwurzel. Sie angestarrt und irgendwie dann auch dich. Ich habe mich gegen mein Auto gelehnt und mir eine Zigarette angemacht. 
Du hast wirklich keine Ahnung mehr, wie es um mich steht. 
Du hast wirklich keine Ahnung, wie sehr du mein Leben verändert hast. 

11 liebe Kommentare ♥

» Alice | 25. August 2010 um 04:52

Wow...Ich muss wirklich mal sagen. Ich LIEBE deinen Blog.Es ist einfach total mitreißen wie du schreibst. Und mein Gott ich kann dich verstehen,so gut.. (aehnliche Situation.)
Ich weiß wie verdammt schwer es ist alles zu unterdruecken und den Versuch zu starten seinem "Alltag" zu folgen. Und ich weiß so gut, das einem nie wirklich gelingt.
Ich kann dich so gut verstehe, ich hab bei jeden deiner Eintraege weinen muessen.

Also großen Respekt..
Liebe Grueße.

» Ida | 25. August 2010 um 07:41

GÄNSEHAUT.
Als wären wir dabei gewesen, so gut schreibst du!

» Taya | 25. August 2010 um 08:53

Jetzt hast du mich wirklich zum Weinen gebracht =/

» Chrissi | 25. August 2010 um 09:27

Wow. Einfach nur Wow. Mehr fällt mir dazu grad nicht ein. Du schreibst all das so wunderbar und mitreissend..

» Leni Löwenherz | 25. August 2010 um 14:07

ich kann mich den anderen Menschen nur anschließen. und das bei jedem deiner Einträge.

Anonym | 25. August 2010 um 14:22

Wow ..
Toll geschrieben..
So unendlich traurig.. ich hab eine Gänsehaut.

» Tom. | 25. August 2010 um 19:28

Danke, dass ich das hier lesen durfte :)

» ROLE. | 25. August 2010 um 19:41

ich sitze gerade mit Tränen in den Augen da. dieser text ist einfach unbeschreiblich gefühlvoll geschrieben.

» Alice | 26. August 2010 um 04:40

Ohh wie lange.? Nun ja das nun schwer zu sagen, ich bin quasi von der einen Schei** immer in die naechste gerutscht. Ziemlich lange Geschichte.. Nun ja Fazit ist, das ich mich in den Ferien in einen eigentlich nur "sehr guten Freund" verliebt habe. Es war ziemlich viel hin und her. Diskusionen usw.. Ende vom Lied ist nun das er mit seiner eigentlichen Freundinnen zusammen geblieben ist und wir seit ein paar Tagen nicht mehr geredet haben. Ich sterbe so zusagen den gut bekannten innerlichen tot, nur leider bin ich langsam an dem Punkt wo ich echt nicht mehr weiß wie ich damit umgehen soll. Daher das ich stehts das Gefuehl bekommen das es ihm egal ist. :/ Es ist halt so das ich warte.. und warte & warte. Und eben hoffe. Aber zur Zeit hab ich irgendwie sogar um die Freundschaft ziemliche Angst. Ich wuerde ihm gerne so viel sagen aber ich weiß leider nicht wie.. Und ihn scheint es nicht zu kuemmern das wir nicht reden/keinen Kontakt hatten in den letzten Tagen, und genau das zerfrisst mich zur Zeit am meisten..

» Elisa | 26. August 2010 um 15:57

Danke, dass ich das lesen durfte!
Übrigens;
Ich habe dich getaggt - und hoffe, du hast nichts dagegen?

http://dearharmony.blogspot.com/2010/08/und-dann-stehst-du-mittendrin_26.html

» Aura | 29. August 2010 um 10:23

Wird notiert :) dann kann ich eine Klimax aufbauen
Übrigens bezüglich des Gewinnspiels, da ja nicht so viele mitmachen stehen deine Chancen sehr gut einen zu bekommen :)
Freu mich auch wieder da zu sein aber noch mehr freuen würde ich mich, wenn hier das Wetter auch so schön wäre ^^.

Wie gehts dir denn so meine Liebe?

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